„Wer soll sich darüber noch wundern? ARD und ZDF haben, nach einem Bericht der Gebührenkommission KEF, mehr Geld für ihre Online-Auftritte ausgegeben, als sie dürfen.“ Mit diesem gallig-resignativen Stoßseufzer beginnt ein knapper Kommentar von miha in der FAZ (auch nachzulesen hier, im kürzlich renovierten Online-Angebot von faz.net).
In der Sache berichet der Frankfurter Medienjournalist ja nichts falsches, doch schaut man etwas genauer auf die Zahlen, beginnt das Grübeln. Okay, 34 Millionen Euro sind kein Pappenstil, und um diese Summe haben die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten das ihnen zugestandene Budget von ca. 240 Millionen Euro überzogen. Im zuletzt durch Frank Schirrmachers seltsame Internet-Rede angeheizten Streitklima zwischen alten, elektronischen und neuen Medien mag eine solche Meldung ja durchaus Anlass zum Ärgern geben – dennoch wirkt es aber etwas merkwürdig, wenn man sich einmal die Dimensionen in Bezug zu den Gesamtaufwendungen des öffentlich-rechtlichen Etats ansieht.
miha schreibt weiter über die verschwenderische Ausgabenpolitik der Sender: „Der (Rundfunkstaatsvertrag) nämlich legt fest, dass sie exakt 0,75 Prozent ihres gesamten Jahresetats fürs Internet ausgeben dürfen. Bei der ARD liegt der tatsächliche Prozentsatz nun aber bei 0,84 Prozent, beim ZDF sogar bei 0,9 Prozent. Auch das Deutschlandradio liegt mit 0,81 Prozent über der Schwelle.“
Ja, du meine Güte! Die Überziehungen liegen also im Promillebereich des Gesamthaushalts. An dieser Stelle weiß man nicht mehr, ob man weinen oder lachen soll – Gründe genug hat man für beides. Da ist die Plumpheit des Kommentars, der sich in ziemlich billiger Art und Weise an der Stimmungsmache im Kampf gegen die scheinbar überfinanzierte Online-Konkurrenz beteiligt. Da ist das unerhört hohe Gesamtbudget, aus dem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schöpfen, um dann ein größtenteils schauerliches TV-Programm und ein nur stellenweise modernes Online-Angebot anzubieten. Und vor allem: da ist das erhebliche Missverhältnis der Ausgaben zwischen Online- und Onscreen-Produktionen, auf das miha leider mit keinem Wort eingeht.
Was uns nämlich eigentlich interessiert: wie verhalten sich denn Aufwand und Ertrag der Ausgaben öffentlich-rechtlicher Medienanbieter im Vergleich zwischen Fernseh- und Internet-Produktionen? Inwiefern werden ARD, ZDF & Co. ihrem Informationsauftrag und dem Entwicklungsgebot zur Verbreitung auf allen technologisch notwendigen Kanälen gerecht? Was bedeuten denn die „34 Millionen Euro“ in Bezug zu den Rechten an der Fußball-Bundesliga, zu den Verträgen mit teuren talking heads wie BeckmannKernerWillMaischberger, oder zu den Geldpaketen, mit denen Spätunterhalter wie Schmidt & Pocher an die Sender gebunden werden? Wie sieht es etwa aus im Vergleich mit den Kosten je Sendeminute, die für TV-Eigenproduktionen im Unterhaltungs- oder Informationsbereich anfallen?
Auch hierzu gibt es durchaus Material, sogar auch von der KEF – und selbst wenn der letzte online verfügbare Bericht aus dem Jahr 2005 stammt, so wäre ein solcher Quervergleich etwas aufschlussreicher als die simple Stimmungsmache mit Blick auf den Promilleüberzug. Schade.
Donnerstag, 22. November 2007 um 18:00 |
Interessanter Artikel. Gerade die angesprochenen Fragezeichen bei monströsen Ausgaben für Moderatoren oder Bundesligarechte werfen in meinen Augen grundlegende Fragen auf.
Leider wurden auch dieses Jahr wieder alle Gelegenheiten von der Politik kunstvoll ausgelassen, sich mit der tatsächlich notwendigen Reform des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks auseinander zu setzen.
Selbst wenn man nicht über die Unverschämtheit des faulen Kompromisses redet, der aus einem PC rein gebührentechnisch ein Radio macht – nur damit man überhaupt Gebühren erheben darf. Selbst wenn man die miesen Taktiken der freiberuflichen Gebühreneinzugsbevollmächtigten außer Acht lässt.
Selbst dann muss man sich nach über 30 Jahren Runfunkfinanzierungsstaatsvertrag über die Aktualität und Auftragstreue Gedanken machen. Und es sieht nicht so aus, als ob auch nur eine der Parteien sich dieses Themas grundlegend annehmen möchte.
Donnerstag, 29. November 2007 um 14:41 |
Interessant an der gesamten „Debatte“ fand ich ja, dass Schirrmacher im Spiegel exklusiv publizieren durfte, nachdem der Praktikant beim Spiegel die Schirrmachher-„Rede“ auseinandergeplückt hatte. Das zeigt auch nochmal schön, wo und wie der Hase läuft. Dass die Ö-R Schubkarrenweise das Geld ausm Fenster rausblasen weiss ich aufgrund eigener Erfahrungen nur zu gut. Dennoch, wir brauchen sie… Denn wer von den privaten würde denn die Grundversorgung gewährleisten? Über das Finanzierungsmodell und die FInanzpolitik sollte aber weiter konstruktiv geredet werden.