Recount?

Schon gestern abend deutete sich an, dass der Einsatz von Wahlgeräten in acht hessischen Gemeinden ein Nachspiel haben dürfte. Hier nochmal der entsprechende Blog-Eintrag:

20.49 Uhr

In einigen Weblogs gibt es Berichte vom Wahltag, z.B. hier von einer versuchten Wahlbeobachtung in Obertshausen (via Sven Borkert). Zahlreiche weitere Hinweise finden sich auch im Beitrag Bananenrepublik Hessen (via Ralphs Piratenblog).

An diesen Stellen und auch anderswo (sehr gut: ein Twitter-Feed zur Wahlbeobachtung vom Sonntag) entfaltet sich gerade seit heute mittag eine überaus spannende Sammlung und Diskussion von Wahlbeobachtungen in einigen der o.g. Städten und Gemeinden (ein Zentrum scheint das o.g. Hey Obertshausen-Posting über einen you fm-Blog). Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich der Diskurs nun weiter entwickelt (und wie schwarz der Sonntag für die hessische Demokratie nun wirklich war).

Und heute geht es weiter:

Ebenfalls noch am gestrigen Abend folgte dann mit einer neuen Pressemitteilung des Chaos Computer Club die erste Reaktion auf die vielfältigen Erfahrungen bei den Wahlbeobachtungen (Schwerwiegende Wahlcomputer-Probleme bei der Hessenwahl), außerdem berichtet Spiegel Online (Computer-Club kritisiert Wahlrechner-Schlampereien) über die Probleme am Wahltag, dort werden auch mögliche Konsequenzen (Anfechtungen, Nachwahl) erörtert. Hier der entsprechende Bericht via HR-Online.

Auch aus einer weiter gefassten Perspektive bleibt der Umgang mit Wahlgeräten natürlich ein Thema – so ist zum Beispiel auch systematisch zu untersuchen, inwiefern sich die Technisierung nicht nur auf das Wahlergebnis, sondern auch auf die Wahlbeteiligung ausgewirkt hat. Eine erste flüchtige Durchsicht der über das Hessische Statistische Landesamt verfügbaren Daten vermittelt zumindest den Eindruck, dass der Wahlgeräte-Einsatz nicht durchgängig signifikante Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung hatte. Die meisten Städte/Gemeinden verzeichnen einen leichten Rückgang der Wählerstimmen, in Lampertheim (-6,7 %) und in Viernheim (- 11,7 %) treten dabei die größten Abweichungen auf. Hier wäre nun eine Verbindung zu den Vor-Ort-Berichten angezeigt – zumindest für Viernheim heißt es, dass für eine Zeit lang die Geräte nicht funktionsfähig waren (vgl. HR-Online).

Die CCC-Beobachtungen, dass es in einigen Wahllokalen zu ungewöhnlich langen Wartezeiten kam, dass die Wähler nicht ausreichend informiert an den Wahlcomputer treten oder das „Wahlpersonal“ zu wenig systematische Hilfestellungen zu leisten in der Lage war, können eigene durch Vor-Ort-Beobachtungen bestätigt werden. Hier muss jedoch noch eine genauere Auswertung der Feldnotizen erfolgen, bevor eindeutige Aussagen gemacht werden können.

Nichtsdestotrotz – selbst die CCC-Berichte legen den Eindruck nahe, dass der „menschliche Faktor“ das größere Problem beim Wahlgeräte-Einsatz darstellt. Es soll keinesfalls unterschlagen werden, dass es auch zu konkreten Fehlfunktionen der Nedap-Maschinen kam – doch stellen eklatantes Fehlverhalten bei der Implementierung dieser für die Mehrzahl noch neuen Option der Stimmabgabe offenbar das eigentliche Problem dar. Dazu zählen nicht nur die konkreten Vorfälle in unmittelbarer Nähe zum Wahltag (z.B. Einlagerung von Wahlgeräten in Privathaushalten/Niedernhausen), sondern auch Versäumnisse bei der Wahlvorbereitung bzw. der Wählerinformation.

Vor kategorischen Verbotsforderungen sämtlicher Stimmabgabetechnologie steht neben deren geräteseitger Verbesserung mindestens noch die Debatte um eine Optimierung der Einbettung in die formale Wahlorganisation.

Nach den Ereignissen bei der Landtagswahl, die wohl einer eingehenderen Prüfung durch die Landeswahlleitung unterzogen werden, rücken nun zwangsläufig die nächsten Abstimmungen in den Blick, die mit Hilfe von Wahlgeräten durchgeführt werden – dazu zählen u.a. die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Langen (10.2.) oder die Bürgermeisterwahl in Obertshausen (2.3.).

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Eine Antwort to “Recount?”

  1. Hamburg wählt (analog) « Internet und Politik Says:

    […] wäre – und zwar nicht wegen der Besonderheiten im Wahlrecht, sondern wegen den dort eingesetzten Wahlgeräten. Mit solchen Angeboten zeigt sich eine Form digitaler Wählerbildung, die im Zuge der fort […]

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