In eigener Sache: Salvador-Bahia

Nein, ich reise nicht auf Einladung des DFB zu einer Besichtigungstour der WM-Austragungsorte 2014 nach Brasilien – es war das Goethe-Institut, das mich für die Veranstaltung Mídia e Eleições na Alemanha (2009) e no Brasil (2010) nominiert hat. Ich soll dabei über die Entwicklungen im Online-Wahlkampf zur Bundestagswahl berichten und einen Bezug zur brasilianischen Präsidentschaftswahl am 3. Oktober herstellen.

(Bild via Boa Noticía)

Bei einer ersten Sichtung des Materials fallen gleich einige Dinge auf: aufgrund der geringen Reichweite (nur ca. 6 Millionen Nutzer) wird Facebook anders als in den USA, Deutschland oder Großbritannien keine großen Impulse für einen Wahlkampf in den Sozialen Netzwerken geben können. Das in Brasilien dominierende Netzwerk Orkut bietet dagegen mit mehr als 50 Millionen registrierten Nutzern ein breites Publikum, verfügt aber nicht über die für das social campaigning erforderlichen Kommunikationsroutinen. Einige der Kommentar- und Kontaktmöglichkeiten leiten die die Spitzenkandidaten Dilma Rousseff, José Serra und Marina Silva daher auf ihre Kandidatenhomepages um.

Videos spielen im Land der (Tele)Novelas natürlich auch eine Rolle, allerdings verwundert die geringe Zahl der Kanalabrufe bei YouTube schon ein wenig (Rouseff, Serra, Silva). Update: Okay, bei vimeo sieht das etwas anders aus, trotzdem sind die Zahlen nicht übermäßig hoch und stehen in keinem Verhältnis zur Online-Durchdringung des Landes mit etwa 75 Millionen Nutzern (Details folgen). Offenbar gibt es also auch im Video-Bereich eine leichte „Plattform-Verschiebung“.

Ganz anders entwickeln sich dagegen die Followerzahlen bei Twitter, die Profile der drei Spitzenkandidaten (@joseserra_, @dilmabr, @silva_marina) liegen deutlich im sechsstelligen Bereich und scheinen eine alternative Form der Virtuellen Kampagnenzentrale darzustellen.

Und schließlich: wer sich ein wenig im brasilianischen Wahlkampf umschaut, stolpert schnell über die Name-Zahlen-Kombination auf den analogen und digitalen Plakaten der Bewerber. Dilma13, Serra45 und Marina43 verweisen auf die jeweilige Position auf den Wahllisten – und sind besonders wichtig, weil in Brasilien flächendeckend Wahlcomputer zum Einsatz kommen. Stolz verweist das Tribunal Superior Eleitoral auf die schon seit Jahren äußerst moderne Wahlorganisation, die als besonderes „Schmankerl“ in diesem Jahr die biometrische Registrierung (man könnte auch sagen: „Erfassung“) der Wähler mittels Fingerabdruck und Portraitfoto aufweist (für Interessierte: das Video Por Dentra da Urna („In der Wahlurne“) gibt einen Überblick zur Geschichte der Medialisierung des Wählens in Brasilien).

Insgesamt also viele interessante Zutaten für einen spannenden Online-Wahlkampf. Nun müsste man nur noch etwas mehr von diesem Portugiesisch verstehen…

Update: Die Kampagne von Dilma Rousseff trägt die Handschrift einiger alter Bekannter – die Umsetzung wird begleitet von Blue State Digital, dem US-amerikanischen Unternehmen, das u.a. für die Obama-Kampagne verantwortlich zeichnet. Eine gute Zusammenfassung der Online-Aktivitäten liefert dieser Überblick bei Yahoo! News (Stand vom 19. August 2010). Nicht verpassen: den YouTube-Kampagnenhit „Dilmaboy“ .

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2 Antworten to “In eigener Sache: Salvador-Bahia”

  1. In eigener Sache: Recife, Salvador | Internet und Politik Says:

    […] für die WM im nächsten Jahr voranzubringen. (Oh, die automatische Plagiatskontrolle meldet ein Selbstzitat – stimmt, so ´was ähnliches hatte ich ja schon vor gut drei Jahren […]

  2. In eigener Sache: Vila Sul | Internet und Politik Says:

    […] von Salvador-Bahia (UFBA). Dorthin gibt es bereits einige Verbindungen, denn ich war bereits 2010 und 2013 jeweils für einige Tage zu Gast in Salvador. Beide Besuche waren überaus ertragreich, […]

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