In eigener Sache: Tutzing

Am Wochenende bin ich zu Gast in der Akademie für politische Bildung in Tutzing, dort findet vom 1. bis 3. Juli die Tagung Revolution im Netz. Das Internet verändert die politische Kommunikation statt. Mein Thema ist dabei nicht #arabspring und auch nicht Wikileaks, sondern die weniger revolutionsverdächtigen Parteien als, nun ja, digital herausgeforderte Akteure.

Unter dem Titel Web 2.0 – Das Ende der Mitgliederparteien? soll ich kurz die aktuellen Entwicklungen im Bereich sozialer Mediennutzung durch die – noch immer – zentralen Akteure im politischen System der BRD skizzieren. Ein wesentlicher Ansatzpunkt ist dabei für mich die These, dass sich soziale Medien sehr gut zum Aufbau (nicht nur) politischer Unterstützernetzwerker nutzen lassen – es in Deutschland genau diese Netzwerke aber schon gibt. Das sind, genau, die Parteien.

Diese mE nur auf den ersten Blick banale Feststellung gibt den Takt vor für eine knappe Darstellung zur Entwicklung der Piratenpartei, die Profilsuche der etablierten Parteien in sozialen Netzwerken sowie den Blick zurück/nach vorn in die USA. Dort nämlich war die Grundsituation mindestens bis 2008 eine vollständig andere, denn Unterstützernetzwerke formierten sich immer erst im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen, um danach gewissermaßen planmäßig zu zerfallen. Aus der bekanntermaßen erfolgreichen Obama-Kampagne von 2008 ist durch das social campaigning jedoch ein neuartiges Netzwerk entstanden, das unter dem Namen Organizing for America parteiähnliche Aufgaben erfüllt hat, dabei aber nicht formal mit den Strukturen der demokratischen Partei verzahnt gewesen ist (inzwischen ist OFA wieder unmittelbar mit der Wiederwahlkampagne des Präsidenten verzahnt). Als ideologisches Gegenstück formierte sich seitdem – nicht ausschließlich, aber auch – in Reaktion auf die klare Niederlage der Republikaner das konservative Tea Party Movement, das in organisatorischer Perspektive ebenfalls Merkmale europäischer Parteiakteure aufweist.

Die beiden US-amerikanischen Beispiele verweisen auf eine interessante Konstellation: während in Deutschland (in Europa?) das Modell der Mitgliederpartei langsam zu zerfallen scheint, gewinnen jenseits des Atlantiks die aktualisierten Neuauflagen mitgliederstarker, ideologisch orientierter Großorganisationen immer mehr Bedeutung im politischen Prozess.

Vor diesem Hintergrund wäre demnach erst noch zu klären, wie sich soziale Medien auf die Zukunft der Mitgliederparteien auswirken. Sind Facebook, Twitter und Co. Wegweiser zu Modernisierung und Parteireform – oder kommen sie doch eher als Totengräber des Modells Mitgliederpartei daher.

Hinweis: Die zunächst an dieser Stelle notierten Anmerkungen zu den Texten von Elmar Wiesendahl und Ulrich Sarcinelli zu Parteien und Medien in der „Demokratie 2011“ habe ich wg. des Umfangs in einen eigenen Beitrag exportiert.

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Eine Antwort to “In eigener Sache: Tutzing”

  1. Parteireform: Demokratie 2011 – analog statt digital? | SPD-Blog Baden-Württemberg Says:

    […] Sarcinelli. Im folgenden einige Anmerkungen zu diesen beiden Texten, die ich in meinen Vortrag überWeb 2.0 – Das Ende der Mitgliederparteien? am Samstag in Tutzing einarbeiten […]

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