Ende April ist in der Medienkorrespondenz ein „Leitartikel“ erschienen, an dem ich eine ganze Weile gemeinsam mit Leonhard Dobusch und Jörg Müller-Lietzkow gearbeitet habe. Unter der Überschrift Die Internetintendanz haben wir eine Reihe von Ideen und Impulsen entwickelt und zur noch recht knappen Skizze für eine „zeitgemäße öffentlich-rechtliche Medienplattform“ zusammengetragen.
Vor allem Leonhard hat die Unternehmung seit dem vergangenen Jahr maßgeblich vorangetrieben und u.a. auch bei der 2018er re:publica einen Talk dazu gehalten. Auch in seiner sehr schönen – gerade erst für den Grimme Online Award nominierten – Reihe Neues aus dem Fernsehrat drüben bei Netzpolitik.org hat er unser wesentliches Thema immer wieder aufgegriffen: Wie könnte eine moderne und demokratiepolitisch wertvolle Vision für public service media aussehen?
Der Ansatz einer Internetintendanz ist sicher ein spezifisch deutscher Versuch des „Aufbohrens“ vorhandener Strukturen, der natürlich noch sehr viel feiner gestaltet werden kann und muss. An manchen Stellen gibt es bereits weiter führende Überlegungen, etwa zu den verschiedenen Modellen zur Konstruktion der Gremienaufsicht, im MK-Text in Fußnote 13 knapp skizziert:
Denkbar sind dabei unterschiedliche Modelle zur Konstruktion der Gremienaufsicht. Strukturierungsmaßstäbe für die Zusammensetzung könnten zum Beispiel die Anzahl der Bundesländer sein, ein Proporz entlang der aus den Beitragsmitteln geförderten Sendeanstalten oder auch eine differenzierte Staffelung nach deren Reichweite. Grundsätzlich soll diese Komponente nicht mehr als zwei Drittel des Aufsichtsgremiums umfassen und von einem Nutzer:innen-Panel flankiert werden.
Ergänzend dazu nun an dieser Stelle die etwas ausführlichere Darstellung der drei Strukturierungsvorschläge zur Gremienaufsicht: das Bund-/Ländermodell, die Variante der Erweiterten Senderparität und schließlich das Senderreichweitenmodell. Die jeweiligen „Vorbilder“ der Modelle sind unschwer zu erkennen, sie stammen aus der Politik und sind an der ein oder anderen Stelle im Einsatz (nicht unbedingt nur in Deutschland). Deutlich wird dabei allerdings auch der Trend, dass die Modelle komplizierter werden, je präziser die Repräsentationsverhältnisse gestaltet werden – die Beschwerden über „zu viel Bürokratie!“ sind beinahe schon zu hören…
Uns geht es mit dem Impuls nach wie darum, nicht nur auf bekannte Modernisierungsprobleme und -schmerzen hinzuweisen, sondern auch einige konkrete Vorschläge zu entwickeln, was zukünftig vielleicht anders sein könnte. Die Struktur und Organisation der Gremienkontrolle gehört dazu.
VORSCHLAG A: Bund-/Ländermodell (27 Personen)
Jedes Bundesland benennt eine*n Verantwortlichen und entsendet diese*n als Vertreter*in in einen übergreifenden Kontrollausschuss, hinzu kommen zwei Vertreter*innen des Bundes. Ein Nutzer*innenrat aus 9 Personen ergänzt das Gremium.
VORSCHLAG B: Erweiterte Senderparität (36 Personen)
Jedes Aufsichtsgremium einer in der ARD organisierten Landesrundfunkanstalt benennt zwei Verantwortliche und entsendet diese als Vertreter in einen übergreifenden Kontrollausschuss, gleiches gilt für den Hörfunkrat des Deutschlandradios. Das ZDF entsendet 4 Vertreter/innen aus dem Fernsehrat. Ein Nutzer*innenrat aus 12 Personen ergänzt das Gremium.
VORSCHLAG C: Gestuftes Senderreichweitenmodell (36 Personen)
Die Aufsichtsgremien der in der ARD organisierten Landesrundfunkanstalten benennen abgestuft nach der Einwohnerzahl des Sendegebiets bis zu drei Verantwortliche und entsenden diese als Vertreter in einen übergreifenden Kontrollausschuss. Rundfunkräte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern im Sendegebiet (WDR, SWR, NDR, BR) sowie der Fernsehrat des ZDF benennen 3 Vertreter/innen, Rundfunkräte mit 5-10 Millionen Einwohnern im Sendegebiet (MDR, HR, RBB) benennen 2 Vertreter/innen, Rundfunkräte mit weniger als 5 Millionen Einwohnern im Sendegebiet (SR, RB) sowie der Hörerrat des Deutschlandradios benennen je 1 Vertreter/in. Ein Nutzer*innenrat aus 12 Personen ergänzt das Gremium.
*Update 1: Die Internetintendanz war auch Thema der re:publica 2019 – sagt zumindest Markus Beckedahl (@netzpolitik) in einem Radio-Beitrag für SWR2.
*Update 2: Auch der Beitrag von Hermann Rothermund vom 8.5.2019 in der FAZ zielt in eine interessante Richtung, er fordert ein generelles Wahlmodell zur Einrichtung der Rundfunkräte. Die Diskussion geht weiter, stay tuned!