Mit der erfolgreichen Anreise nach Salvador-Bahia (über den teilweise noch im Olympia-Modus arbeitenden Flughafen Tom Jobim in Rio de Janeiro, vgl. rechts) hat heute mein Residenzaufenthalt am Goethe-Institut begonnen.
In loser Folge werde ich in den kommenden Wochen darüber schreiben. Einige inhaltliche Anhaltspunkte hatte ich vor kurzem hier bereits notiert, nun ist es Zeit für (aller)erste Eindrücke. Ich kenne die Stadt Salvador bereits von zwei früheren Besuchen, und erneut hat sich einiges verändert. Am auffälligsten ist bisher die Großbaustelle der Metro Bahia, deren Linha 2 vom Stadtzentrum aus bis zum Flughafen reichen wird. Allerdings ist über eine Strecke von ca. 20 Kilometern noch vieles Stückwerk. Die Haltestellen stehen teilweise im Rohbau, Gleise fehlen, die Elektrifizierung auch. Erst rund um das WM-Stadion Fonte Nova (genau, Deutschland – Portugal 4:0) ist der Bau fertig und funktionstüchtig. Schnell ertappt man sich beim (typisch deutschen?) Gedanken „Wäre sicher praktisch gewesen, wenn es die Bahn schon zur WM 2014 gegeben hätte“. Hier in Salvador aber scheint das Projekt ausdrücklich gewürdigt zu werden, es bringt Menschen in Arbeit, es steht für Aufbruch und Modernisierung (wobei die knallgelben, -grünen und -orangen Overalls irgendwie an Einsätze in Katastrophengebieten erinnern, schon wieder so ein mitgebrachter Gedanke).
Auf jeden Fall dauerte der Transfer vom Flughafen zum Goethe-Institut gerade mal 35 Minuten, es ging viel schneller als 2013 oder 2010. Der Empfang war überaus herzlich, nach einer kurzen Einweisung in die gerade erst fertiggestellten Residenzräume hatte das Goethe-Team eine traditionelle feijoada vorbereitet. Diese explizit nicht-vegane Eintopfart ist durchaus sättigend und es hätte auch einige gute Fotomotive für die sozialen Netzwerke gegeben, aber ich habe das mal unterlassen (bislang habe ich aber noch keine gravierenden Unterschiede in der digitalen, mobilen Mediennutzung feststellen können). Getafelt wurde übrigens direkt vor meiner Unterkunft – hier schon mal das Türschild dazu, weitere Bilder folgen.

Ein erster Austausch mit den anderen Resident:innen (an Bezeichnung und Rolle muss ich mich erst noch gewöhnen) war schon sehr spannend. Die meisten haben einen Hintergrund im Theater- und/oder Performancebereich, das könnte u.a. für die Begleitung der anstehenden US-Wahl ganz interessant werden: am 8. November wird es in der Vila Sul die lokale Variante eines academic viewing geben, ein Format, mit dem ich erstmals 2004 in Gießen Erfahrungen habe sammeln können.
In den nächsten Tagen wird mein Aufenthalt daher einerseits im Zeichen der Eingewöhnung stehen (Stadt, Sprache, Wetter, frühe Sonnenauf- und -untergänge), andererseits in der Vorbereitung des amerikanischen Wahlabends. Auf dem Programm steht u.a. die Lektüre von Trumpland, der Schweizer Journalist Walter Niederberger hat hier das Porträt einer gespaltenen Nation vorgelegt. Geplant ist für den 8. November auch ein Austausch mit Lehrenden und Studierenden der Bundesuniversität Salvador (UFBA) – wenn es gelingt, hätten wir eine schöne Gesprächskonstellation im Dreieck zwischen Deutschland, Brasilien und den USA. Hinweise auf zeigens- und diskussionswürdiges Material werden in den einschlägigen sozialen Netzwerken jederzeit gerne entgegengenommen.
(Nachtrag: Im Hof des Goethe-Instituts ist jetzt, um kurz vor 22 Uhr Ortszeit, noch guter Betrieb, auf einer kleinen Bühne werden Songs des aktuellen Literaturnobelpreisträgers dargeboten. Ich weiß nicht, ob das als Teil einer deutsch-amerikanisch-brasilianischen Kulturpartnerschaft geschieht – aus (traurigem) tagesaktuellen Anlass wären ja vielleicht auch ein paar Stücke von Manfred Krug passend gewesen, aber dazu wird es wohl nicht kommen.)