Posts Tagged ‘twitter’

Twitter als Diskurssystem

Freitag, 14. September 2012

Am 12. und 13. September habe ich am Workshop Partizipation und Vernetzung in mediatisierten Welten des Forschungsfelds Netzwerke im DFG-Schwerpunktprogramm Mediatisierte Welten teilgenommen. Als Respondent sollte ich dabei das Projekt Aspekte digitaler Partizipation am Beispiel von Twitter von Caja Thimm, Mark Dang-Anh und Jessica Einspänner von der Universität Bonn kommentieren. Das war eine spannende Angelegenheit, daher dokumentiere ich hier einige meiner Anmerkungen zur weiteren Kenntnisnahme und Diskussion.

Das Forschungsfeld besteht aus drei weiteren Teilprojekten, in der gemeinsamen Debatte sollten Perspektiven auf den Begriff der Partizipation entwickelt werden. Außer mir kommentierte Sigrid Baringhorst (Politikwissenschaft, Siegen), Heidi Schelhowe (Informatik, Uni Bremen) und Heidi Hanekop (Soziologie, Göttingen) – die Zusammensetzung war also interdisziplinär angelegt, und das war auch gut so.

Schnelles und langsames Twittern

In der Diskussion wurde deutlich, dass bei der sozial- bzw. politikwissenschaftlichen Betrachtung von Twitter zwei ganz unterschiedliche Perspektiven gewählt werden können: einerseits (und das ist die dominierende Variante) lässt sich die Kommunikation bei Twitter hinsichtlich der Echtzeit-Dimension erfassen – das geschieht in den vielen Studien, die sich der Entstehung spontaner Öffentlichkeiten widmen und mit teilweise imposanten Visualisierungen und Animationen das Aufkommen von Hashtags abbilden und so die Genese von Kommunikationsnetzwerken und –verläufen aufzeigen (vgl. Bruns/Burgess 2011). Die andere Variante unternimmt dagegen den Versuch, den Zeitfaktor aus dem Material herauszunehmen und konzentriert sich auf eine funktionale Analyse und markiert die Besonderheiten des technikbasierten Kommunikationssystems Twitter. Das Bonner Forschungsprojekt beachtet hierzu vor allem die Rolle der nicht-sprachlichen Operatoren RT, http://, @ und #.

Tweets können mit den vier Kommunikationsoperatoren (RT, http://, @, #) multireferenziell gestaltet werden. Twitter bildet durch die Bezugnahmehandlungen, die mit diesen Operatoren vollzogen werden, ein komplexes Diskurssystem mit vielfältigen crossmedialen Verweisformen. Es fungiert als Schnittstelle und ist insofern ein offenes System. (Thimm, Einspänner, Dang-Anh 2012)

Die Konzentration auf diese nicht-sprachlichen Elemente der Twitter-Kommunikation ist zwar naheliegend (und wird häufig angewendet), bislang war mir jedoch nicht aufgefallen, dass man dadurch der Sofort-Kommunikation gewissermaßen die Zeit-Dimension entzieht (oder zumindest Teile davon). Auf die weiter führenden Resultate des in Bonn untersuchten Tweet-Korpus möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen (wer möchte, findet hier Hinweise auf erste Ergebnisse und den entsprechenden Forschungsartikel).

(more…)

In eigener Sache: Nürnberg

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Nein, von einer „Lesereise“ zum Buch kann noch nicht die Rede sein – trotzdem werde ich die Veranstaltung Das Web 2.0 und seine Folgen, die am Samstag, den 16. Oktober von der Petra-Kelly-Stiftung in Nürnberg veranstaltet wird, als Werbeplattform nutzen.

Unter dem angemessen-erwartbar-verwirrenden Titel „Yes, we twitter“ diskutiere ich mit Dieter Janecek (Landesvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN Bayern) und Alfons Pieper (Journalist, Blogger) über das „Web 2.0 und die Politik“. Als erstes sollte man dabei wohl mit der Mär aufräumen, dass Barack Obama eine gute Twitter-Kampagne gefahren hatte…

Wahrscheinlich geht es aber eher um die Rolle von Blogs im Wahlkampf, deren Konkurrenz zum (investigativen) Journalismus und den allmählichen Wandel der Öffentlichkeit. Spannend dürfte aber auch die Frage sein, inwiefern „politische Echtzeitkommunikation“ den Ablauf politischer Entscheidungsprozesse beeinflussen kann. Meiner Meinung nach liefert hierfür gerade #s21 neues Material für den Beispielvorrat.

Unter Biebern

Montag, 31. Mai 2010

Seit ein paar Monaten verbringe ich jede Woche einige Minuten damit, fehlgeleitete Twitter-Follower zu blockieren – mein Account @drbieber spürt in relativ großer Entfernung zum Epizentrum die massive, erdbebenartige Energie der so genannten Belieber: das sind die begeisterten Fans des kanadischen Jungstars Justin Bieber (oder sollte man gleich von @justinbieber reden?), für die Twitter ein zentraler Bestandteil ihrer Fanexistenz ist.

Am Anfang waren das nur ein paar wenige Accounts, deren seltsame Namen wie @NinaBieber16, @JBLove1706 oder @GermanBelieber_ auf ein weitläufige Verwandtschaft hinzudeuten schienen. Inzwischen kommen täglich zwischen fünf und zehn solcher Follower hinzu – je nachdem welche waghalsigen Web 2.0-Stunts „The Bieb“ gerade so im Sinn hat.

In Deutschland ist seine Fangemeinde noch nicht allzu groß, aber sein Auftritt bei der Verleihung des Comet in Oberhausen vor einigen Tagen hat auch hierzulande einige neue „Belieber“ zurückgelasen. Vielleicht liegt es an der in Deutschland noch nicht allzu großen Reichweite von Twitter, doch finden sich die typischeren Fan-Fundstücke hierzulande (noch) eher bei YouTube oder als Weblog.

Jedenfalls habe ich nach einer kurzen Materialsichtung damit begonnen, einen kleinen Text über digitales Fantum im Zeichen des Biebers zu schreiben. Mal sehen, ob sich demnächst dafür ein Abnehmer findet.

PS: Schön wäre auch ein Vergleich der Online-Strategien des jungen Herrn Bieber und der etwas älteren Frau Meyer-Landrut – letztere wohnt offenbar noch in irgendeinem Bezirk des Web 1.0…

Duell am Rhein

Donnerstag, 22. April 2010

Am kommenden Montag findet in Düsseldorf das „Das Duell“ zwischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft statt. Veranstaltender Sender ist der WDR, die Debatte beginnt um 20.15 Uhr und dauert 60 Minuten – die Sprint-Variante wie bereits 2008 in Niedersachsen (Duell-Trivia: wer kann ohne digitale Hilfsmittel den Namen des damaligen SPD-Kandidaten aufsagen? Und welcher heutige Bundesminister ging damals im so genannten „kleinen Duell“ an den Start?).

Die in der Kölner Vulkanhalle ausgetragene Diskussion wird moderiert von Jörg Schönenborn und Gabi Ludwig – warum nur stellt der WDR ein Duo an den Fragetisch? Gerade die schlechten Erfahrungen aus dem „Kanzlerduell“ vom vergangenen Herbst sollte Abschreckung genug vor zu vielen Moderationsposten sein. Sicher ist, dass dadurch die ohnehin schon knapp bemessene Redezeit von Rüttgers und Kraft noch weiter reduziert wird. Es ist davon auszugehen, dass die Kandidaten von Thema zu Thema hetzen, dabei wenig Überraschendes von sich geben und die Moderation selbst dann noch störend wirkt, wenn sie nur lenkend eingreifen möchte.

Insgesamt kommt der vermeintliche Wahlkampfhöhepunkt jedoch eher unscheinbar daher – die mediale Orientierung auf ein zentrales Kampagnen-Ereignis lässt lange auf sich warten. Eine ordentliche „Debatte vor der Debatte“ fand (bisher) nicht statt, wenn doch noch etwas folgt, dann wird es nur ein kleines Vorgeplänkel sein – und keine groß inszenierte Positionierung der Kandidaten als gute oder schlechte Rethoriker.

Dennoch wollen wir am kommenden Montag ein kleines Experiment durchführen – gemeinsam mit Thomas Pfeiffer (@codeispoetry) von webevangelisten.de habe ich einen kleinen Versuchsaufbau entwickelt, um möglichst viele Tweets mit debattenbezogenen Inhalten für eine unmittelbare Kommentierung sowie für eine wissenschaftliche Nachbearbeitung zu sichern. Das wichtigste Hashtag dafür dürfte #nrwduell sein, außerdem beachten wir natürlich die Namen der Teilnehmer, Parteikürzel sowie den zuständigen TV-Sender. Eine kleine Sammlung der wichtigsten Twitterthemen zur Landtagswahl ist ebenfalls in Vorbereitung.

Ein paar Fingerübungen im Umfeld der britischen Prime Minister Debates haben schon recht spannende Daten hervor gebracht, auch die zeitnahe Abbildung wesentlicher Themen und Trends scheint gut möglich. Am Montag wollen wir erste Ergebnisse unmittelbar nach der Debatte an der NRW School of Governance in Duisburg präsentieren, ebenfalls dort führt der Kollege Thorsten Faas (Uni Mannheim) eine Real-Time-Response-Messung durch. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Resultate des zweigleisigen Debatten-Monitoring ergänzen (oder auch nicht).

Das Duell am Rhein wird am Montag nicht annähernd die Dimension der britischen Debatten erreichen: während der Debattenpremiere am 15. April sammelte der Dienstleister Tweetminster insgesamt 184.396 Tweets von 36.483 Nutzern. Bei der zweiten Auflage am 22. April ging das 140-Zeichen-Aufkommen ein wenig zurück, gesichert wurden „nur“ noch 142,795 Tweets (-41,601) von 28,790 Nutzern (-7,693). Diese Größenordnung führte auch zu erheblichen Reichweiten-Erfolgen der britischen Politik – während und kurz nach den Debatten erschienen die Namen der drei Teilnehmer sowie das allgemeine Hashtag #leadersdebate in den trending topics bei Twitter. Dort sind politische Themen eher selten zu Gast, europäische Ereignisse erst recht.

Auch wenn das Aufeinandertreffen von Rüttgers und Kraft bei weitem nicht die mediale Prominenz erreicht wie die Debattenserie vor den Unterhauswahlen, so wird sich auch hier der Trend zur Echtzeit-Begleitung eines wichtigen Wahlkampf-Ereignisses im Internet fortsetzen.

Debatte in UK: erste Onlineanalysen

Freitag, 16. April 2010

UK_debatetweets by @codeispoetry

Bereits während sowie unmittelbar nach der erste Prime Minister Debate in Großbritannien haben sich die Wähler in die Diskussion eingeschaltet. Da die TV-Veranstaltung hochgradig verregelt daher kam, spielte das Internet als Feedback-Kanal eine wichtige Rolle. Der zentrale Hashtag #leadersdebate ist auch am Tag Morgen nach der Diskussionsrunde unter den zehn trending topics bei Twitter – das ist mehr als ein Achtungserfolg, denn politische Themen haben es naturgemäß schwer im Aufmerksamkeitsgerangel.

Erprobt wurden dabei von den britischen Medienanbietern mehrere neue Werkzeuge zur Live-Begleitung eines TV-Ereignisses. Hier schon mal meine Twitter-Eindrücke vom gestrigen Abend (siehe auch @drbieber):

itv.com/electiondebate is quite sophisticated: stream + facebook + „the worm“ (chat) + twitter sentiment tracker + leader comment cloud.

die prime minister debate ist vier mal in den trending topics: #leadersdebate, kandidatennamen und zeitweise auch #itv. respekt.

überzeugende refresh-rate für #leadersdebate: rund 600 neue tweets in < 15 sekunden. die trending topics scheinen ziemlich stabil.

sehr ausführliches live-blog der financial times zur #leadersdebate (mit kommentaren von US-experten alan schroeder): http://is.gd/buvqg

und nochmal #leadersdebate: sehr schönes live-tracking-tool via facebook: http://is.gd/buvS7 (looking familiar, @thorstenfaas?)

Hierzu vermeldet Facebook inzwischen folgendes auf der Seite Democracy in the UK: With over 43,000 fans currently following Democracy UK, tonight’s Rate the Debate application experienced a groundswell of users. This volume of participation is a testament to the popularity and appetite for the application and we’ll ensure it is ready for the impact of next week’s debate.

Einige Anmerkungen zur Online-Erweiterung der TV-Debatte enthält auch ein Beitrag des SC Magazine, der sich vor allem mit dem Fehlen technologiepolitischer Inhalte auseinandersetzt. Der Titel sagt eigentlich schon alles: Leaders Debate fails to cover technology issues as social networking sites experience huge traffic that causes facebook application to crash.

Weiter mit den Twitter-Notizen:

das echtzeit-stimmungsbarometer zur #leadersdebate stammt von tweetminster.com – dort aggregiert man so einiges im umfeld der #ukelection

Tweetminster.com hat inzwischen einige Daten zum Twitter-Aufkommen während der Debatte publiziert:  184,396 Tweets ingesamt (entspricht durchschnittlich 29.06 Tweets/Sekunde) von 36,483 Twitter-Nutzern.

Ähnlich wie schon 2008 mit „Joe the Plumber“ gibt es nach der Debatte auch ein Internet- bzw. Twitter-Mem, das die von Brown und Cameron häufig verwendete Zustimmungsfloskel „I agree with Nick (Clegg)“ aufgreift.

sehr schön: nun gibt es auch ein twitter-mem zur #leadersdebate: „i agree with nick“ (mit #cameron in den trends, #brown ist schon raus)

Die Illustration oben ist im übrigen generiert aus den ca. 21.000 36.000 Tweets aus dem engeren zeitlichen Umfeld zur Debatte, die Thomas Pfeiffer von den Webevangelisten zu Versuchszwecken gesichert hat. Die Auswertung des Materials wird wohl noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Und die nächste Debatte kommt bestimmt… vielleicht wird sie ja „der zweitschlechteste Auftritt von Kraftwerk“, denn:

groß! der twitter-witz zur #leadersdebate: „this is the worst kraftwerk gig ever!“ (via d0t2d0t, @C4election, @Jon_Bernstein)

Das Jahr in 140 Zeichen

Dienstag, 29. Dezember 2009

Der Impuls kam – wie so oft – aus den USA: das Online-Magazin Politico.com bemerkte die Twitterisierung der Politik und kürte die 10 wichtigsten Tweets des Jahres.

Auch wenn Twitter im allgemeinen (und das politische Twittern im besonderen) hierzulande noch immer belächelt wird, so lässt sich eine solche Liste durchaus auch für Deutschland anlegen. Nach spontaner Nachfrage in gut twitternden Kreisen hier also eine kleine Liste der politischen Tweets des Jahres 2009.

(Achtung: es handelt sich hier „nur“ um eine chronologisch geführte Liste, kein wertendes Ranking!)

1. Zum Jahresauftakt zieht Thorsten Schäfer-Gümbel auf Twitter relativ alleine seine Bahnen, meldet sich zu allen Tages- und Nachtzeiten und kommentiert regelmäßig das Geschehen auf landes- wie bundespolitischer Ebene. Inzwischen scheint er auch perfekt für (auto)mobiles Twittern ausgerüstet zu sein.

Überhaupt scheint Hessen eine heimliche Twitter-Hochburg zu sein (siehe auch #9) – der neue Parlamentarische Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Helge Braun (Gießen), glänzt etwa mit diesem Hochqualitätstweet (Danke, @dr_meyer!).

2. Julia Klöckner und Ulrich Kelber verraten das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl.

Der Tweet „Leute, Ihr könnt in Ruhe Fußball gucke. Wahlgang hat geklappt.“ von @JuliaKloeckner scheint inzwischen gelöscht. Eine „Vorsichtsmaßnahme“ mit Blick auf die Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz, bei der die „Twitter-Sünderin“ (BILD) gegen Kurt Beck antreten wird?)

3. @mitzeichner zählt 50.000 Unterschriften für die Petition gegen Internetsperren – nach nicht einmal 70 Stunden Laufzeit.

Die Dynamik der Kampagne wirkt sich im Jahresverlauf maßgeblich auf die Entwicklung der Piratenpartei aus – deren Mitgliederzuwachs beginnt schlagartig mit dem Ablauf der Petition und der Bundestagsabstimmung zum Zugangserschwerungsgesetz im Juni.

4. Der langjährige SPD-Abgeordnete Jörg Tauss erklärt seinen Parteiaustritt und wechselt zur Piratenpartei.

Mit dem spektakulären Wechsel generierte Tauss einen massiven Follower-Zuwachs und katapultierte sich an die Spitze der politischen Twitter-Charts in Deutschland.

5. Patrick Rudolph (alias @pr_radebeul) plaudert die hochgeheimen Exitpolls für die Landtagswahlen in Sachsen, Saarland und Thüringen aus.

Der Stadtverordnete aus Radebeul versetzt damit Meinungsforscher, Medien und den Bundeswahlleiter in helle Aufregung.

6. Die erste Sitzung des 16. Bundestages wird zur Twitterparty – Sören Bartol, Volker Beck und  Halina Wawricek feiern mit (vgl. auch die schöne Zusammenstellung drüben bei Homo Politicus).

7. @muentefering tritt zurück (Franz Müntefering aber noch nicht).

Der zugehörige Bericht der Agentur Metronaut („Wir waren Franz Müntefering“) erklärt vieles über das Führen eines Fake-Accouts und beinahe noch mehr über die Twitter-Kompetenz deutscher Journalisten.

8. Im Spätherbst beginnen die Hörsäle zu twittern – in München, Berlin, Marburg und anderswo informieren Twitter-Accounts über die aktuellen Ereignisse im Hochschulstreik.

Die Hashtags #unibrennt und #unsereuni dominieren die Rankings und sorgen für eine Vernetzung und Verbreitung der Studierendenproteste.

9. Kristina Köhler twittert als Bundesministerin weiter (und gibt auch das Briefeschreiben nicht auf).

Auch ohne ihre überraschende Berufung ins Familienministerium wäre @kristinakoehler im Jahresrückblick aufgetaucht – sie nutzte im Rahmen ihrer Bundestagskampagne nicht nur Twitter, sondern auch andere soziale Netzwerke massiv. Und setzte sich in ihrem Wahlkreis immerhin gegen die bisherige Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul durch.

10. Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Helge Limburg stellt auf seine Weise Öffentlichkeit her (das ist der persönliche „Politeiatweet“ des Jahres von @codeispoetry – danke sehr!).

Zugleich erhält damit die Debatte um die „Rechtmäßigkeit“ des Twittern aus Plenarsitzungen neuen Schwung – in Augsburg ist bereits ein Twitter-Verbot für Sitzungen des Stadtrates in Kraft.

Der kleine Jahresrückblick auf die 140-Zeichen-Ereignisse zeigt, dass das umstrittene Phänomen Twitter zumindest in der deutschen Politik angekommen ist – von anderen Gesellschaftsbereichen lässt sich das nur bedingt behaupten. Die bisweilen arrogant und hämisch geführte öffentliche Debatte über Sinn bzw. Unsinn des Kürzestformates wird sicherlich auch im nächsten Jahr geführt werden.

Die US-Kollegen von Politico.com gehen von einer „Domestizierung“ und „Verharmlosung“ der Twitter-Kommunikation durch politische Akteure aus.

Danach sieht es in Deutschland eher nicht aus.

In eigener Sache: Frankfurt/New York

Montag, 2. November 2009

Die Ortsangaben klingen vielleicht etwas weltläufiger als es der Anlass hergibt, aber laut Verlag ist das so korrekt: in diesen Tagen ist der Sammelband Soziale Netze in der digitalen Welt – Das Internet zwischen egalitärer Teilhabe und ökonomischer Macht erschienen, den ich gemeinsam mit Martin Eifert, Thomas Groß und Jörn Lamla herausgegeben habe.

Einen ersten visuellen Eindruck als Twitpic gibt´s hier.

Die Publikation geht auf die (nahezu) gleichnamige Tagung vom Herbst 2008 zurück, ich war dabei schwerpunktmäßig für die Organisation des „Politik-Kapitel“ zuständig. Nach meiner kleinen Einleitung über Soziale Netze als neue Arena politischer Kommunikation befasst sich Axel Bruns mit der politischen Dimension seines Produsage-Konzeptes. Eine kritische Entgegnung dazu hält der Beitrag von Uwe Jun bereit. Darauf folgt Andreas Jungherr mit einer Bestandsaufnahme zur Twitter-Nutzung in der (deutschen) Politik.

Selbstverständlich sind auch die übrigen Kapitel mit Texten zu soziologischen und rechtlichen Aspekten sozialer Netzwerke lesenswert. Im Vordergrund stehen dabei Fragen der digitalen Consumer Democracy, die Diskussionen um das Urheberrecht sowie Fragen zu Persönlichkeitsrechten im Netz.

Weiterführende Informationen finden sich (in Kürze) auf der Seite des ZMI sowie beim Campus Verlag.

Soziale Netze in der digitalen Welt – Das Internet zwischen egalitärer Teilhabe und ökonomischer Macht

E

Der Twitter, die Presse, der Club und der Kaffee

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Am Montag (19. Oktober, 19 Uhr)  bin ich als Gast in den Frankfurter Presseclub eingeladen, das Thema ist Twittern erobert die Medien. Klingt ernst, irgendwie bedrohlich. In scharfem Kontrast dazu steht aber der flapsige Untertitel: Brauch´ erstmal einen Kaffee.

Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Unterzeile ein wörtliches Zitat des bekanntesten hessischen Autokaffeemaschinenbesitzers ist – das wäre immerhin noch eine wohlwollende Interpretation, denn das koffeinhaltige Getränk spielt in dessen Twitter-Beiträgen die Rolle eines running gag. Genauso nah (oder fern) liegt aber auch der Verdacht, dass der Stoßseufzer auf die betonte Belanglosigkeit der Twitter-Kommunikation verweisen soll – immerhin ist Kaffee als aromatisiertes „heißes Wasser“ ja gar nicht so weit weg von der „heißen Luft“, die man schon gerne mal mit Twitter in Verbindung bringt.

Und dann wäre da ja noch das „n“ – schließlich steht da ja „Twittern erobert die Medien“ und nicht „Twitter erobert die Medien“. Auch darüber wird am Montag also zu reden sein. Aber wie dem auch sei – Material für eine spannende Unterhaltung findet sich ja beinahe täglich. Ich bin allerdings schon gespannt, ob bis Anfang nächster Woche hierzulande endlich mal ein substanzieller Bericht zum Hashtag #trafigura erschienen sein wird. Bislang (= 14.10., 14 Uhr) muss man auf englischsprachige Berichte oder einen Text von den österreichischen Kollegen des Standard zugreifen.

Diese Angelegenheit hat in den vergangenen beiden Tagen heftige Wellen geschlagen und für reichlich Diskussion unter Journalisten und Journalismusforschern gesorgt – vielleicht sollte ich am Montag einfach mal fragen, warum es so lange gedauert hat, bis das Thema die deutschen Medien erreicht hat.

Und dann hole ich mir erstmal einen Kaffee.

In eigener Sache: Berlin (…)

Mittwoch, 8. Juli 2009

Und wieder geht es nach Berlin (im SuperWahljahr auch irgendwie logisch). Am 10. Juli lädt die Grimme-Akademie ein, in „Kooperation mit N24 und media.net berlinbrandenburg“ (und „mit freundlicher Unterstützung von PriceWaterhouseCoopers„). Die Veranstaltung heißt – nun ja – Der Obama-Effekt, in der Ankündigung steht:

Barack Obama hat es vorgemacht: Einen erfolgreichen Wahlkampf kann man heute mit anderen Medien bestreiten als nur mit Kandidatenduellen und öffentlichen Auftritten. Hat es Obama tatsächlich auch den deutschen Wahlkämpfern und Medien vorgemacht?

Ich bin für einen Überblick bzw. als Keynote vorgesehen mit dem Titel: Von Blogs, Twitter und TV im Wahlkampf. Mal sehen, welche Aspekte in den mir zur Verfügung stehenden 45 Minuten (inkl. Diskussion) verhandelt werden können. Für den Anfang habe ich jedenfalls schon mal die „Blogs“ durch „Soziale Netze“ ersetzt. Obwohl man derzeit ja eigentlich eher über die Piratenpartei reden sollte…

Außerdem im line-up: Dieter Kronzucker (sic!). Weitere Programmpunkte sind eine Gesprächsrunde mit Partei-Onlinern (CDU, Die Grünen), Infos zum Politainment-Format „Ich kann Kanzler!“ (ZDF) sowie eine Diskussion zwischen TV- und Online-Verantwortlichen (N24 vs. ARD).

This is not a Town Hall Meeting

Montag, 18. Mai 2009

RTL-Fragestunde mit der Kanzlerin im „protected mode“

Sonntag abend, 21.45 Uhr, RTL: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zu Gast im Town Hall Meeting zum Auftakt der Debattensaison im Wahljahr 2009. Mit viel Aufwand hatte der Privatsender die „Bürgersprechstunde“ als Konkurrenzformat zu den Fernsehdebatten angekündigt, doch schon beim ersten Blick ins Studio wurde deutlich, dass das Sendekonzept nicht wirklich etwas mit der US-amerikanischen Variante des lockeren Plauschs von (mehreren) Politikern mit einem Bürger-Sample zu tun hatte. Für die Kanzlerin reserviert war ein bequemer Sitzplatz neben Moderator Peter Klöppel (der nach der Werbepause die Rolle mit Maria Gresz als Publikumsbetreuer tauschte), von dort aus beantwortete sie ruhig und sachlich die Fragen der geladenen Gäste. Heimlicher Sieger des Abends: Twitter.

Eine Rezension der Sendung und deren Online-Feedback via Twitter ist zugleich bei CARTA und politik-digital erschienen.

(more…)