Am 12. und 13. September habe ich am Workshop Partizipation und Vernetzung in mediatisierten Welten des Forschungsfelds Netzwerke im DFG-Schwerpunktprogramm Mediatisierte Welten teilgenommen. Als Respondent sollte ich dabei das Projekt Aspekte digitaler Partizipation am Beispiel von Twitter von Caja Thimm, Mark Dang-Anh und Jessica Einspänner von der Universität Bonn kommentieren. Das war eine spannende Angelegenheit, daher dokumentiere ich hier einige meiner Anmerkungen zur weiteren Kenntnisnahme und Diskussion.
Das Forschungsfeld besteht aus drei weiteren Teilprojekten, in der gemeinsamen Debatte sollten Perspektiven auf den Begriff der Partizipation entwickelt werden. Außer mir kommentierte Sigrid Baringhorst (Politikwissenschaft, Siegen), Heidi Schelhowe (Informatik, Uni Bremen) und Heidi Hanekop (Soziologie, Göttingen) – die Zusammensetzung war also interdisziplinär angelegt, und das war auch gut so.
Schnelles und langsames Twittern
In der Diskussion wurde deutlich, dass bei der sozial- bzw. politikwissenschaftlichen Betrachtung von Twitter zwei ganz unterschiedliche Perspektiven gewählt werden können: einerseits (und das ist die dominierende Variante) lässt sich die Kommunikation bei Twitter hinsichtlich der Echtzeit-Dimension erfassen – das geschieht in den vielen Studien, die sich der Entstehung spontaner Öffentlichkeiten widmen und mit teilweise imposanten Visualisierungen und Animationen das Aufkommen von Hashtags abbilden und so die Genese von Kommunikationsnetzwerken und –verläufen aufzeigen (vgl. Bruns/Burgess 2011). Die andere Variante unternimmt dagegen den Versuch, den Zeitfaktor aus dem Material herauszunehmen und konzentriert sich auf eine funktionale Analyse und markiert die Besonderheiten des technikbasierten Kommunikationssystems Twitter. Das Bonner Forschungsprojekt beachtet hierzu vor allem die Rolle der nicht-sprachlichen Operatoren RT, http://, @ und #.
Tweets können mit den vier Kommunikationsoperatoren (RT, http://, @, #) multireferenziell gestaltet werden. Twitter bildet durch die Bezugnahmehandlungen, die mit diesen Operatoren vollzogen werden, ein komplexes Diskurssystem mit vielfältigen crossmedialen Verweisformen. Es fungiert als Schnittstelle und ist insofern ein offenes System. (Thimm, Einspänner, Dang-Anh 2012)
Die Konzentration auf diese nicht-sprachlichen Elemente der Twitter-Kommunikation ist zwar naheliegend (und wird häufig angewendet), bislang war mir jedoch nicht aufgefallen, dass man dadurch der Sofort-Kommunikation gewissermaßen die Zeit-Dimension entzieht (oder zumindest Teile davon). Auf die weiter führenden Resultate des in Bonn untersuchten Tweet-Korpus möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen (wer möchte, findet hier Hinweise auf erste Ergebnisse und den entsprechenden Forschungsartikel).