Posts Tagged ‘Wahlgeräte’

Hamburg wählt (nicht digital)

Freitag, 22. Februar 2008

Bildleiste via dotvote.de

Eigentlich hatte die Stadt Hamburg die (analoge) Modernisierung des Wahlrechts auch gleichzeitig zu einer digitalen Modernisierung der Stimmabgabe zu nutzen: ein elektronischer Wahlstift sollte eingesetzt werden, um die Zählung des erhöhten Stimmaufkommens zu erleichtern und zu beschleunigen.

Um das neuartige Wahlgerät einem ersten Praxistest von Akzeptanz und Handhabbarkeit zu unterziehen, wurde die Bundestagswahl 2005 für eine Pilotstudie genutzt. Hier wurde in zwei Hamburger Wahlbezirken mit insgesamt 1.998 Wahlberechtigten mit dem digitalen Wahlstift gewählt. Auf die – positive – Studie folgte der Entschluss, das digitale Wahlstiftsystem zu kaufen und bei der Bürgerschaftswahl und den Bezirksversammlungswahlen im Februar 2008 flächendeckend einzusetzen.

Doch daraus wurde leider nichts, denn „die Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft haben sich im November 2007, wenige Wochen vor den Wahlen, jedoch überraschend dafür entschieden, den Digitalen Wahlstift doch nicht einzusetzen.“

(Mitarbeit: Christopher Harth)

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Hamburg wählt (analog)

Freitag, 22. Februar 2008

Nach nur vier Wochen Wahlpause steht bereits die nächste Landtagswahl, am Sonntag wird über die Zusammensetzung der Hamburger Bürgerschaft abgestimmt. Pünktlich zum Wahltermin erhält auch die zuletzt ein wenig abgekühlte Diskussion über die Regierungsbildung in Hessen neues Feuer: durch die Rede vom „Wortbruch“ der SPD hinsichtlich der Möglichkeit einer durch die Linkspartei tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung.

Darum geht es hier jedoch nicht, und auch nicht um den im Vergleich zu Hessen (und Niedersachsen) erheblich avancierteren Online-Wahlkampf. Dazu gäbe es zwar schon einiges zu schreiben, etwa über das CDU-Videoportal OLE TV (siehe auch NS-TV), die Podcasts der SPD, sowie natürlich die FDP und ihr vieldiskutiertes Video mit dem Spitzenkandidaten Hinnerk „Gaylord“ Fock (und Sky du Mont).

Leider viel zu wenig Beachtung finden in diesem Trubel nämlich die Bemühungen der Hamburger Innenbehörde zur Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Wahl. Neben den Standard-Infos im traditionellen Gewand der Behördenmitteilungen wurde ein gut sortiertes Themenportal entwickelt, das unter www.24-februar.de zahlreiche Register der digitalen Wählerbildung zieht.

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Recount?

Montag, 28. Januar 2008

Schon gestern abend deutete sich an, dass der Einsatz von Wahlgeräten in acht hessischen Gemeinden ein Nachspiel haben dürfte. Hier nochmal der entsprechende Blog-Eintrag:

20.49 Uhr

In einigen Weblogs gibt es Berichte vom Wahltag, z.B. hier von einer versuchten Wahlbeobachtung in Obertshausen (via Sven Borkert). Zahlreiche weitere Hinweise finden sich auch im Beitrag Bananenrepublik Hessen (via Ralphs Piratenblog).

An diesen Stellen und auch anderswo (sehr gut: ein Twitter-Feed zur Wahlbeobachtung vom Sonntag) entfaltet sich gerade seit heute mittag eine überaus spannende Sammlung und Diskussion von Wahlbeobachtungen in einigen der o.g. Städten und Gemeinden (ein Zentrum scheint das o.g. Hey Obertshausen-Posting über einen you fm-Blog). Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich der Diskurs nun weiter entwickelt (und wie schwarz der Sonntag für die hessische Demokratie nun wirklich war).

Und heute geht es weiter:

Ebenfalls noch am gestrigen Abend folgte dann mit einer neuen Pressemitteilung des Chaos Computer Club die erste Reaktion auf die vielfältigen Erfahrungen bei den Wahlbeobachtungen (Schwerwiegende Wahlcomputer-Probleme bei der Hessenwahl), außerdem berichtet Spiegel Online (Computer-Club kritisiert Wahlrechner-Schlampereien) über die Probleme am Wahltag, dort werden auch mögliche Konsequenzen (Anfechtungen, Nachwahl) erörtert. Hier der entsprechende Bericht via HR-Online.

Auch aus einer weiter gefassten Perspektive bleibt der Umgang mit Wahlgeräten natürlich ein Thema – so ist zum Beispiel auch systematisch zu untersuchen, inwiefern sich die Technisierung nicht nur auf das Wahlergebnis, sondern auch auf die Wahlbeteiligung ausgewirkt hat. Eine erste flüchtige Durchsicht der über das Hessische Statistische Landesamt verfügbaren Daten vermittelt zumindest den Eindruck, dass der Wahlgeräte-Einsatz nicht durchgängig signifikante Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung hatte. Die meisten Städte/Gemeinden verzeichnen einen leichten Rückgang der Wählerstimmen, in Lampertheim (-6,7 %) und in Viernheim (- 11,7 %) treten dabei die größten Abweichungen auf. Hier wäre nun eine Verbindung zu den Vor-Ort-Berichten angezeigt – zumindest für Viernheim heißt es, dass für eine Zeit lang die Geräte nicht funktionsfähig waren (vgl. HR-Online).

Die CCC-Beobachtungen, dass es in einigen Wahllokalen zu ungewöhnlich langen Wartezeiten kam, dass die Wähler nicht ausreichend informiert an den Wahlcomputer treten oder das „Wahlpersonal“ zu wenig systematische Hilfestellungen zu leisten in der Lage war, können eigene durch Vor-Ort-Beobachtungen bestätigt werden. Hier muss jedoch noch eine genauere Auswertung der Feldnotizen erfolgen, bevor eindeutige Aussagen gemacht werden können.

Nichtsdestotrotz – selbst die CCC-Berichte legen den Eindruck nahe, dass der „menschliche Faktor“ das größere Problem beim Wahlgeräte-Einsatz darstellt. Es soll keinesfalls unterschlagen werden, dass es auch zu konkreten Fehlfunktionen der Nedap-Maschinen kam – doch stellen eklatantes Fehlverhalten bei der Implementierung dieser für die Mehrzahl noch neuen Option der Stimmabgabe offenbar das eigentliche Problem dar. Dazu zählen nicht nur die konkreten Vorfälle in unmittelbarer Nähe zum Wahltag (z.B. Einlagerung von Wahlgeräten in Privathaushalten/Niedernhausen), sondern auch Versäumnisse bei der Wahlvorbereitung bzw. der Wählerinformation.

Vor kategorischen Verbotsforderungen sämtlicher Stimmabgabetechnologie steht neben deren geräteseitger Verbesserung mindestens noch die Debatte um eine Optimierung der Einbettung in die formale Wahlorganisation.

Nach den Ereignissen bei der Landtagswahl, die wohl einer eingehenderen Prüfung durch die Landeswahlleitung unterzogen werden, rücken nun zwangsläufig die nächsten Abstimmungen in den Blick, die mit Hilfe von Wahlgeräten durchgeführt werden – dazu zählen u.a. die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Langen (10.2.) oder die Bürgermeisterwahl in Obertshausen (2.3.).

Wahlgeräte in Hessen zugelassen

Donnerstag, 24. Januar 2008

In seiner Entscheidung vom 23. Januar hat der Staatsgerichtshof des Landes Hessen den Einsatz von elektronischen Wahlgeräten bei der Landtagswahl zugelassen. Damit wurde der Antrag auf eine einstweilige Verfügung vom 6. Januar, die vom Chaos Computer Club unterstützt wurde, abgewiesen. Die Berliner bedauern die Entscheidung sehr, wie der Kommentar von erdgeist zeigt.

In der Begründung des Staatsgerichtshofes heißt es:

Genehmigung und Verwendung von Wahlcomputern sind, wie der Staatsgerichtshof feststellte, wahlorganisatorische Maßnahmen. Solche Maßnahmen können vor der Wahl grundsätzlich nur mit den Rechtsbehelfen angefochten werden, die im Landtagswahlgesetz und in der Landtagswahlordnung dafür vorgesehen sind.

Damit bezieht der Staatsgerichtshof eine verfahrensorientierte Position und verzichtet – richtigerweise – auf eine „absolute“ Stellungnahme zum Einsatz von Wahlgeräten. In das Urteil eingeflossen sind auch die positiven Resultate der Probewahlen, die in den acht Gemeinden durchgeführt worden waren, denn für eine Anfechtung wären konkrete Verdachtsmomente notwendig gewesen:

Eine Ausnahme hätte jedenfalls erfordert, dass später nicht nachweisbare Manipulationen in den Wahlcomputern realistischerweise zu befürchten und Fehlfunktionen der Wahlcomputer bei der bevorstehenden Landtagswahl dadurch zu erwarten sind. Das hat die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen.

Die Wahlleitungen der betroffenen Städte und Gemeinden können nun aufatmen und die Wahlen wie geplant unter Einsatz der Wahlgeräte durchführen – das ist nicht nur unter organisatorischen, sondern auch aus wahlsystematischer Perspektive beruhigend. Hätte die Klage nämlich Erfolg gehabt, wäre genau jener Fall eingetreten, vor dem insbesondere der Chaos Computer Club stets gewarnt hatte: durch den Zwang zur substanziellen Reorganisation der Wahl nur drei Tage vor dem Wahltag wäre es sehr schwierig geworden, einen reibungslosen Ablauf der Wahl (mit herkömmlichen Urnen, Wahlkabinen, Stimmzetteln und menschlichen Wahlhelfern) zu garantieren. Die Folge wäre eine „Ungleichheit der Wahl“ gewesen, ironischer Weise aufgrund der Abwesenheit von Technologie und nicht wegen ihres Einsatzes.

Ein Rest von Unsicherheit bleibt am Wahltag allerdings bestehen, denn an manchen Orten wird fest mit dem Erscheinen von Wahlgeräte-Gegnern und sogar Störversuchen während des Wahlablaufes gerechnet.

Update 1: Zum gleichen Thema ist gerade ein Interview auf sueddeutsche.de erschienen, das – sagen wir mal – kontrovers aufgenommen wird. Es ist tatsächlich sehr plakativ und polarisiert ausgefallen, an einigen Stellen fehlen auch ein paar argumentative Zwischenschritte, aber der Kampf um die Leserschaft wird online offenbar mit harten Bandagen geführt… ;-)

Update 2: Ebenfalls mit Blick auf die Entscheidung des Staatsgerichtshof äußert sich Christopher Harth auf politik-digital.de zum Thema. Hier wurde dem nicht ganz unkomplizierten Sachverhalt deutlich mehr Raum zugestanden, dementsprechend moderater wirkt die Darstellung.

Wahlbeobachtung in Langen

Montag, 14. Januar 2008

Hier der ankündigte Nachschlag mit einem längeren Bericht von der Langener Probewahl – unter dem Titel Wahlgeräte oder Wahlhelfer? In Hessen streitet man über die Zukunft des Wählens ist heute der gemeinsam mit Christian Marx erarbeitete Artikel bei Telepolis Online erschienen.

Außerdem berichten noch mindestens zwei weitere Weblogs von den Ereignissen in Langen: Erich sieht wähnte sich vergangenen Mittwoch in Schilda, Mathias Schindler skizziert detailreich das Procedere. Auch im Wahlblog der FR, das auf den vielleicht etwas niedlichen Namen Kreuzchen hört, ist ein Augenzeugenbericht zu lesen.

Update (17.1.): Einen weiteren Bericht steuert die Frankfurter Rundschau bei, diesmal im Zentrum: Alsbach-Hähnlein, Stimmen aus der Landespolitik und der CCC.

Update (23.1.)jetzt.de interviewt Mathias Schindler, der ebenfalls in Langen vor Ort war und mit einem offenen Brief zur Wahlbeobachtung aufruft.