Obama in Berlin (!)

Morgen Heute ist es soweit, der Kandidat kommt tatsächlich nach Berlin und es gibt das erwartete Medienereignis (Live-Übertragungen in der ARD und Phoenix, außerdem wohl eine „Schalte“ im ZDF, wenn um 19 Uhr das heute-journal beginnt und garantiert wird auch irgendein „Online-Qualitätsmedium“ einen „Live-Ticker“ anbieten).

(Update: da lag ich nicht ganz falsch – Spiegel Online ist sich nicht zu schade dafür. Bei den Kollegen von der FAZ heißt es immerhin Live-Reportage. Und sieht aus wie einer dieser flapsigen Blogs, über die gerade im Print-Spiegel hergezogen wurde. Dagegen vergleichsweise lustig: das Obama-Bullshit-Bingo auf zoomer.de. Fortgeschritten: gekaufte Links bei der Google-Suche nach „Obama in Berlin“ von n-tv.de, N24.de, zoomer.de, morgenpost.de).

Obama redet nun zwar nicht am Brandenburger Tor, aber die Debatte um den Standort hat sicher dazu beigetragen, noch etwas mehr Aufmerksamkeit auf das „Auswärtsspiel“ des Senators aus Illinois zu lenken.

An dieser Stelle nur ein kurzer Einwurf zur Plakatierung, die für deutsche Augen ungewohnt wirken muss. Im Fontblog diskutiert bereits die Fachwelt über die typografischen Feinheiten des Plakats, das in der Summe gelobt wird (von dort stammt auch die nachfolgende netzfreundliche Verkleinerung der 9 MB-Originaldatei von der Obama-Kampagnenseite).

Beherrschend ist auch dort die Frage, ob sich das Plakat nicht zu sehr an die Machart von Propaganda-Plakaten anlehnt – eine vergleichsweise elegante Weiterführung der Debatte um den Symbolgehalt des Auftrittsortes (auch sehr schön der Hinweis auf die Obama-Linie von Obey Giant, einem Experten im Bereich Propaganda Engineering).

Blickt man jedoch auf das Corporate Design der Obama-Kampagne, so ist festzustellen, dass das Layout des Plakates lediglich eine Variation durchgängig gewählter Gestaltungsmusters ist – die Haupt-Website der Kampagne spricht dabei die deutlichste Zeichensprache und verdeutlicht einmal mehr die hohe Professionalität in der (amerikanischen) Wahlkampforganisation.

So verbleibt keineswegs zufällig einzig die blau-weiß-rote Vignette in der rechten oberen Ecke in ihren ursprünglichen Farbtönen. Dieser Button fungiert als eine Art Universal-Logo, das wiederum völlig andere Assoziationen wecken kann (vgl. dieses Posting) und andernorts schon als das „hardest working presidential candidate logo“ bezeichnet worden. Armin Vit, Autor für UnderConstruction, eines Netzwerks „for the progress of the graphic design profession“ rückt gerade dieses nur auf den ersten Blick unscheinbare Element in die Nähe zu populärer ebenso wie kommerzieller Kultur, zwei nicht unwesentliche Resonanzräume für das Obama-Phänomen: „This kind of playful flexibility is typically reserved for the likes of MTV, VH1 or Nickelodeon and the breadth of this kind of brand architecture for global corporations with endless divisions.“

PS: Das Problem der „Propagandanähe“ ist nicht nur in Deutschland und nicht nur in der Politik bekannt, so musste zum Beispiel der Sportartikelhersteller Nike eine furios gestaltete Plakatserie zur Fußball-WM 1998 aus den gleichen Gründen zurückziehen – die Motive waren an Kubismus und russischer Avantgarde angelehnt und wirkten vielen zu martialisch:

Schlagwörter: , , ,

4 Antworten to “Obama in Berlin (!)”

  1. mein-parteibuch.com » Barack Obama oder Freigeist Music Festival? Says:

    […] Obama wird weder ein Bier trinken noch etwas neues sagen, aber Bilder für seine Propaganda wollen, die ihn als neuen Kennedy propagieren. Der Rest wird aus inhaltsleeren Floskeln eines […]

  2. hubschraubermuetze.de » Blog Archiv » Was Barack Obama der deutschen Politik beibringen kann Says:

    […] Dann sollen sie es auch bitte konsequent tun. Mehr zu dem obigen Plakat übrigens bei Dr. Bieber, die Diskussion dazu beim […]

  3. blog.politik.de » Blog Archive » Blogschau - Die Woche im Rückblick VI Says:

    […] keinen bleibenden Satz prägte, gibt es doch immerhin viel zu bloggen über typographische Feinheiten seines Plakates und die verwendeten rhetorischen Stilmittel. Aus der herrschenden Obamanie […]

  4. Was Barack Obama der deutschen Politik beibringen kann | Homo Politicus Says:

    […] Dann sollen sie es auch bitte konsequent tun. Mehr zu dem obigen Plakat übrigens bei Dr. Bieber, die Diskussion dazu beim […]

Hinterlasse einen Kommentar