Twittermania in Denver?

Hubertus Heil zwitschert einen auf dem Parteitag der Demokraten in Denver – die Schlagzeile klingt ordentlich nach Stammtisch und einiges davon hat der nahezu permanente „Nachrichtenfeed“ mit dem der SPD-Generalsekretär die Welt versorgt ja auch. Beinahe noch höher aber scheint der Stammtischfaktor der Berichterstattung über Heils Gehversuche in der Welt des bruchstückhaften „Microblogging“ zu sein.

(Ähnliches und mehr dazu auch bei Nico Lumma, Tobias Knüwer, Frank Helmschrott…)

Während gestern schon Spiegel Online die Kürzestmeldungen Heils (Ted kennedy war super. Der kracher war die rede von michelle obama. Starke frau. Barack soll sie „my rock“ nennen.) durch den Kakao zog (Twittern im Obama-Rausch), folgt heute noch stern.de und morgen dürfte in der taz dazu etwas zu lesen sein. Jenseits des bisweilen doch arg kumpelhaften Zungenschlags (Jetzt geht die convention gleich los. Trinken noch ein glass wein mit dem genossen kalina von der spoe und dem deutschen botschafter schario) kann man das Gezwitschere (lt. FAZ-Erfahrungsbericht vom Samstag: „Geschnattere“) aber auch aus einer anderen Perspektive betrachten: als Experiment und Versuchsballon, wie die auf Internet-Themen meist zwiespältig reagierende deutsche Medienöffentlichkeit denn die Instant-Berichterstattung bewertet.

Das hätte zumindest eine gewisse Logik, denn wenn sich deutsche Politiker zu wenig um die Online-Entwicklungen kümmern, wird ihnen schnell ein Armutszeugnis ausgestellt – die typische JournalistInnenfrage lautet dann etwa so: „Wie kann es denn sein, dass Deutschland in puncto Online-Wahlkampf den USA so weit hinterherhinkt?“ Nehmen wir mal das Beispiel Spiegel Online: in der aktuellen Print-Ausgabe findet sich ein Artikel mit der Überschrift: Internet: Deutsche Parteien verbreiten im Netz vor allem Langeweile. Nun, dieser Vorwurf lässt sich auf Hubertus Heils Twitter-Experiment nicht übertragen. Trotzdem wird in der eingangs erwähnten Meldung kräftig ausgeteilt:

Unter seinem Namen und dem SPD-Logo hat er sich im sozialen Netzwerk Twitter angemeldet und bloggt vom Parteitag der Demokraten aus – per Blackberry. Die Demokraten-Show in Denver wirkt wie ein Jungbrunnen auf den 35-Jährigen – oder es liegt am Internet. Jedenfalls sind die Einträge durchweg in einem Jargon gehalten, der selbst manchen Teenager erbleichen lassen dürfte.

Ja, liebe Journalisten, was denn nun? Seriös, informativ und langweilig oder schnell, unfertig und experimentell?

Eine kleine Gegenfrage sei an dieser Stelle schon mal erlaubt: wo ist denn der deutschsprachige Journalistische Twitterfeed, der „live“ aus Denver berichtet? Zu unseriös als Nachrichtenformat?

Das glaube ich nicht, hier nur mal eine kleine Auswahl US-amerikanischer „Medien-Tweets“ vom Parteitag der Demokraten:

Washington PostNew York TimesMSNBCSlate.comNewsHourC-SPAN – (…)

To be continued, updated…

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2 Antworten to “Twittermania in Denver?”

  1. greensocial Says:

    Die explodierende Zahl der Follower von @hubertus_heil spricht eine eigene Sprache: http://twittercounter.com/?username=hubertus_heil

    Die Reaktionen in der twitter-Sphäre und weitgehend auch im Bereich der Blogger sind ausgesprochen positiv.
    Und das Ziel war es doch, genau diese Menschen zu erreichen – oder?

    Also, Experiment geglückt.
    Abgesehen davon finde ich es absolut spannend, mal nicht nur stumpfe (und z.T. schlechte) Medien-Berichterstattung zu hören, sondern auch persönliche Eindrücke, live getwittert.

  2. till we *) . Blog » Mal was anderes als immer nur Pressemitteilungsfloskeln (Update) Says:

    […] findet sich bei Henning (ungefähr fünf kurze Sätze), einige sehr hilfreiche Überlegungen bei Christoph Bieber, dem politikwissenschaftlichen Internet-und-Politik-Experten: »Ja, liebe Journalisten, was […]

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